The Soul of Independence

A Tribute to Seymour Cassel

Am 7. April dieses Jahres verstarb der Schauspieler und langjährige Wegbegleiter des Internationalen Filmfest Oldenburg, Seymour Cassel. Eines der Gesichter des amerikanischen Independentkinos, das in vielen Filmen von John Cassavetes zu sehen war und immer wieder zwischen Hollywood und unabhängigem Kino mühelos variierte. In Oldenburg waren über 20 seiner Filme über die Jahre zu sehen, Cassel selbst war viele Male in der norddeutschen Stadt zu Gast. Im Jahr 2013 wurde ihm aufgrund seiner Verdienste um die Stadt von Oberbürgermeister Schwandner das Große Siegel der Stadt Oldenburg verliehen.

»Wenn du mit Leuten arbeitest, die dich und deine Arbeit lieben, dann fordert dich das heraus. Dann bekommst du viel mehr als Geld.« Die Liebe zu seiner Arbeit war der Antrieb, der seine Schauspielkunst so unnachahmlich gemacht hat. Sein Spiel liebte die Improvisation gleichsam wie das disziplinierte Entwickeln seiner Charaktere, seine Kunst war die des beseelten Agierens. Unvergessen sein Rolle als Chat in Cassavetes‘ »Faces« und die Lovestory zwischen Seymour und Gena Rowlands in »Minnie und Moskowitz«. Eine Sternstunde des Independentkinos seine Rolle des charmanten Gangsters Joe in Alex Rockwells »In the Soup«.

Als junger Schauspielschüler nahm er im Actors Studio an einem Workshop von John Cassavetes teil, der zu seinem Mentor wurde. 1958 fungierte Cassel als Associate Producer für »Shadows«, der nach seinem Erfolg in Venedig, wo er den »Critics Award« erhielt, zu einer Initialzündung für das moderne amerikanische Independent Kino wurde. Seymour Cassel war eine Lichtgestalt am Rande Hollywoods, ein authentischer Akteur, der mit seiner Ausstrahlung die Leinwand für sich einnehmen kann.

Independent film is film that has thought in it. There’s no independent thought in studio films. It’s collective thought. Seymour Cassel

Seine Liebe zum Leben war ansteckend, in seiner Gegenwart war man lebendig, weil Seymour lebendig war. Vielleicht war Oldenburg seine zweite große Liebe. Nachdem sein Mentor und Freund John Cassavetes ihn so früh verlassen hatte, wurde er zum Mentor und Freund von uns. Oft hat er mir gesagt, dass unsere Art das Festival zu machen ihn an sein Verständnis von Arbeit erinnere, diese Leidenschaft und Liebe zu dem, was man tut. Niemand hat uns diese Leidenschaft so sehr geschenkt wie Seymour Cassel.

Neben den Klassikern »Minnie und Moskowitz« von John Cassavetes und »In the Soup« von Alexandre Rockwell (der in einer restaurierten Fassung erstmals in Deutschland zu sehen sein wird), wird es auch eine Wiederaufführung von LeVar Burtons »Reach for Me«, dass 2008 im Oldenburgischen Staatstheater Weltpremiere feierte, geben. Seymour Cassels Darstellung eines Patienten in einem Hospiz, wurde überschwänglich gefeiert und mit nicht endenden Standing Ovations bedacht. Ein Erlebnis, dass mehr als 500 Zuschauern unvergesslich wurde.